Entscheidungen: 
Pflichten eines Mobilfunkbetreibers
LG Saarbrücken v. 09.03.12 - 12 S 12/12

Um Handygebühren so niedrig und überschaubar wie möglich zu gestalten, bietet sich ein sogenannter Flatratevertrag an. Wie wird jedoch die Auslandsnutzung abgerechnet?
Über einen derartigen Fall entschied das Landgericht Saarbrücken, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Der Beklagte schloss mit dem Kläger einen Flatratevertrag über 34,94 Euro pro Monat. Im Dezember 2009 verbrachte der Beklagte seinen Urlaub in Spanien und nutze ausgiebig sein Telefon und das mobile Internet. Neben der monatlichen Grundgebühr stellte die Telefongesellschaft dem Beklagten einen Betrag von über 3.366,87 Euro für Roaminggebühren in Rechnung.
Das Landgericht Saarbrücken hob das Urteil des Amtsgerichts auf. Wenn ein Mobilfunkvertrag mit einer Flatrate abgeschlossen wurde, bringe der Nutzer damit zum Ausdruck, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Wird das Mobiltelefon dann im Ausland genutzt und entstehen dabei sehr hohe Roaminggebühren, sei der Anbieter gehalten, den Nutzer mittels SMS oder ähnlicher Nachrichten darauf hinzuweisen. Notfalls habe der Anbieter den Zugang zu sperren. Unterlässt der Anbieter dies, verletze er eine Nebenpflicht aus dem Vertrag und könne die Kosten nicht vom Nutzer verlangen.
Der Beklagte musste die Kosten für die Auslandsnutzung nicht bezahlen.

Eintrag vom 21.09.2012

Küssen verboten!
LG Saarbrücken v. 15.02.12 - 5 O 17/11

Der Kläger lenkte sein Fahrzeug aufgrund eines intensiven Kusses mit seiner Beifahrerin in den Gegenverkehr und verursachte dadurch einen schweren Unfall. Die ihm entgegenkommende Frau war nicht angeschnallt und wurde durch den Aufprall so schwer verletzt, dass sie kurz darauf ihren Verletzungen erlag. Sie hinterließ ein neugeborenes Kind.
Die Versicherung des Unfallverursachers wollte den Schaden nur teilweise regulieren, denn sie unterstellte der getöteten Frau ein Mitverschulden, da diese nicht angeschnallt war.
Das Gericht hingegen wertete das Verhalten des Unfallverursachers so schwer, dass die Mitschuld wegen Nichtanschnallens vollständig dahinter zurückblieb. Es verurteilte die Versicherung des Unfallversuchers zur vollen Kostenübernahme.
Strafrechtlich wurde der Unfallverursacher zu einer Jugendfreiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

Eintrag vom 11.07.2012

Freigabe von Domains
BGH v. 27.10.2011 – I ZR 131/10

Um heute im Geschäftsleben mithalten zu können, ist die Präsenz im Internet ein absolutes Muss. Eine gute Domain kann zum Kundengewinn maßgeblich beitragen. Oft ist die gewünschte Domain aber bereits anderweitig vergeben. Wussten Sie, dass Sie unter Umständen von dem derzeitigen DE-Domaininhaber die Freigabe der Domain aufgrund von Namensrechten verlangen können?
Mit diesem Thema hatte sich sowohl das Oberlandesgericht Frankfurt als auch der Bundesgerichtshof zu beschäftigen.
Im vorliegenden Fall klagte das Bundesland Bayern gegen die DENIC (Vergabestelle der Top-Level-Domain „.de“) auf Löschung einer eingetragenen DE-Domain und gewann. Ein Privatunternehmen aus Panama hatte sich Domains gesichert, die den Namen von Regionen in Bayern beinhalteten. Ausnahmsweise wurde die DENIC zur Löschung verurteilt, weil die Verletzung der Namensrechte offensichtlich war und die DENIC auf den offensichtlichen Verstoß zuvor hingewiesen wurde.
Dieser Fall war ein Ausnahmefall, da die DENIC nur eingeschränkte Prüfungspflichten hat. Jedoch können Domaininhaber unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn das Interesse des Domaininhabers hinter Ihrem Interesse beispielsweise aus Namensrechten zurücktritt.

Eintrag vom 06.06.2012

Darlegung von Überstunden
LAG Rheinland-Pfalz vom 20.07.2011 – 7 Sa 622/10

Arbeitgeber und Arbeitnehmer stritten über die Vergütung von angefallenen Überstunden.
Der Arbeitnehmer war bei einem Unternehmen 2005 bis 2009 als Techniker angestellt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten die Parteien u.a. folgendes vereinbart:
㤠3 Arbeitszeit
Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden. …. Sollten Mehrstunden anfallen, so sind diese in Abstimmung mit der Firmenleitung baldmöglichst in Freizeit auszugleichen. Eine Vergütung für Mehrstunden findet nicht statt.“
Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis auf Ende Oktober 2009 gekündigt. Nach vergeblicher schriftlicher Geltendmachung der Überstundenvergütung erhob der Angestellte Klage in Höhe von 15.218,17 Euro für fast 700 Überstunden, die sich seit 2007 angesammelt hatten.
Die Klage hatte keinen Erfolg, weil der Arbeitnehmer seine Überstunden nicht ausreichend dargelegte.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte wird vom Arbeitnehmer, der im Prozess von seinem Arbeitgeber die Bezahlung von Überstunden fordert, verlangt, dass er im Einzelnen darlegt, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Bestreitet der Arbeitgeber die Behauptung des Arbeitnehmers, muss der Arbeitnehmer darlegen, welche - geschuldete - Tätigkeit er jeweils an den fraglichen Tagen ausgeführt hat. Er muss ferner eindeutig vortragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Auch hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Herausgabe von Protokollen von Zeiterfassungsanlagen.
Ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung aus einem Arbeitszeitkonto hatte konnte aufgrund der oben genannten Arbeitsvertragsklausel offen bleiben, weil ein Arbeitszeitkonto nicht vereinbart wurde.

Eintrag vom 26.09.2011

e-bay
BGH v. 11.05.2011 - VIII ZR 289/09; BGH v. 08.06.2011 - VIII ZR 305/10

Hat der Kontoinhaber von e-bay keine Kenntnis davon, dass unter seinem Kontonamen Gegenstände verkauft werden, kann der Käufer den Verkäufer nicht auf Lieferung und Schadensersatz in Anspruch nehmen. Im vorliegenden Fall hatte die Verlobte des Kontoinhabers ohne seine Kenntnis eine Gastronomieeinrichtung für ein Eingangsgebot von 1 Euro bei e-bay eingestellt. Als der Kontoinhaber dies bemerkte, hat er das Angebot frühzeitig herausgenommen. Der Käufer hatte 1.000 Euro geboten und war der Auffassung, dass ein Kaufvertrag zustande gekommen sei und verlangte Lieferung bzw. Schadensersatz von knapp 33.000 Euro.
Dem hat der Bundesgerichtshof nicht entsprochen. Auch bei Internet-Geschäften sind die Regeln des Stellvertretungsrechts anwendbar, wenn durch die Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt wird, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden. Erklärungen, die unter dem Namen eines anderen abgegeben worden sind, verpflichten den Namensträger daher nur, wenn sie in Ausübung einer bestehenden Vertretungsmacht erfolgen oder vom Namensträger nachträglich genehmigt worden sind oder wenn die Grundsätze über die Duldungs- oder die Anscheinsvollmacht eingreifen. Hingegen hat allein die unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines e-bay-Mitgliedskontos noch nicht zur Folge, dass der Inhaber des Kontos sich die von einem Dritten unter unbefugter Verwendung dieses Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen muss. Eine Zurechnung fremder Erklärungen an den Kontoinhaber ergibt sich auch nicht aus § 2 Ziffer 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von e-bay. Da diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen jeweils nur zwischen e-bay und dem Inhaber des Mitgliedskontos vereinbart sind, haben sie keine unmittelbare Geltung zwischen dem Anbieter und dem Bieter. Ausgehend hiervon war vorliegend zwischen den Parteien kein Kaufvertrag über die Gastronomieeinrichtung zustande gekommen.BGH v. 11.05.2011 - VIII ZR 289/09

Der Bundesgerichtshof verneint einen Schadensersatzanspruch des Käufers, wenn der Verkäufer sein Angebot frühzeitig zurücknimmt, weil der zu verkaufende Gegenstand gestohlen oder verlorengegangen ist.
Jeder, der bei e-bay einkauft, hat die Allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert. Dort heißt es in § 10 Absatz 1: "…Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen…." Diese Klausel hat der Bundesgerichts weit ausgelegt und daher einen Schadensersatzanspruch verneint.
Im konkreten Fall hatte der beklagte Verkäufer eine Digitalkamera bei e-bay für 1 Euro eingestellt. Nach einem Tag war das Gebot bei 70 Euro. Als dem Verkäufer die Kamera aus dem Auto gestohlen wurde, hat er daraufhin das Angebot vor Beendigung der Auktion frühzeitig zurückgenommen. Der klagende Käufer war der zuletzt bietende. Er verlangte Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 1.200 Euro. Alle Instanzgerichte haben die Klage abgewiesen. BGH v. 08.06.2011 - VIII ZR 305/10

Eintrag vom 04.08.2011

KFZ-Garantievertrag
BGH v. 06.07.2011 - VIII ZR 293/10

Wurde beim Kauf eines Neuwagens ein zusätzlicher entgeltlicher Garantievertrag geschlossen, der über die gesetzliche Gewährleistung hinausgeht, sind darin enthaltene Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die das Garantieversprechen daran koppeln, dass der Wagen bei einer Vertragswerkstatt in regelmäßigen Abständen gewartet und zur Inspektion gebracht werden muss.
Der Käufer erwarb 2005 ein Vorführfahrzeug Als nach 69.580 km im Dezember 2006 die Dieseleinspritzpumpe defekt war, berief sich der Käufer auf den Garantievertrag und forderte vom Verkäufer Mängelbeseitigung. Der Verkäufer lehnte eine Kostenübernahme der defekten Dieseleinspritzpumpe ab, da im Garantievertrag eine Klausel enthalten war, die die Kostenübernahme an die regelmäßige Wartung und Inspektion des Fahrzeugs bei einem Vertragshändler koppelte, welche vom Käufer nicht durchgeführt worden ist.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht haben die Klage des Käufers abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die abweisenden Urteile aufgehoben mit dem Hinweis, dass derartige Klauseln den Käufer unangemessen benachteiligen.

Eintrag vom 04.08.2011

Werbung und Platzmiete bei Gebrauchtwagenhändlern
BGH v. 13.01.2011 - III ZR 78/10

Beauftragt der Fahrzeugeigentümer einen gewerblichen Autohändler gegen erfolgsabhängiges Entgelt (Provision) damit, sein Fahrzeug auf dessen Firmengelände anzubieten und im Namen und für Rechnung des Auftraggebers zu verkaufen (Vermittlungsvertrag), so ist das damit verbundene Vertragsverhältnis regelmäßig als entgeltliche Geschäftsbesorgung mit Dienstvertragscharakter einzuordnen. Zur Frage der Unwirksamkeit der in einen solchen Vertrag aufgenommenen Klausel über eine "Werbemittel- und Platzmietpauschale" nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.


Eintrag vom 02.01.2011

Über Betriebskostenabrechnungen
BGH v. 17.11.2010 - VIII ZR 112/10

a) Ist im Mietvertrag eine nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB zulässige Betriebskostenabrechnung auf der Grundlage eines erfassten Verbrauchs vereinbart, kommt es für die inhaltliche Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung allein darauf an, ob der tatsächliche Verbrauch zutreffend erfasst worden ist.
b) Beruhen die in die Betriebskostenabrechnung eingestellten Verbrauchswerte auf der Ablesung eines geeichten Messgeräts, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Werte den tatsächlichen Verbrauch richtig wiedergeben.
c) Den von einem nicht (mehr) geeichten Messgerät abgelesenen Verbrauchswerten kommt die Vermutung ihrer Richtigkeit nicht zu. In diesem Fall muss der Vermieter im Prozess die Richtigkeit der abgelesenen Werte zur Überzeugung des Tatrichters nachweisen.

Eintrag vom: 03.01.2011

Zurückbehaltungsrecht des Mieters
BGH v. 03.11.2010 - VIII ZR 330/09

Der Bundesgerichtshof hat am 03.11.2010 entschieden, dass der Mieter wegen eines Mangels der Wohnung, von dem der Vermieter keine Kenntnis hat, ein Zurückbehaltungsrecht erst an den Mieten geltend machen kann, die fällig werden, nachdem der Mieter dem Vermieter den Mangel angezeigt hat.

Eintrag vom: 19.12.2010

Kündigung eines DSL Anschlusses
BGH v. 11.11.2010 - III ZR 57/10

Der Inhaber eines DSL-Anschlusses hat kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen.

Eintrag vom: 17.12.2010

Unerlaubte Handlung iSd § 302 InsO
BGH v. 16.11.2010 - VI ZR 17/10

Die dem Schuldner in einem Strafverfahren auferlegten Gerichtskosten sind keine Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO.

Eintrag vom: 15.12.2010

 Rechtsanwalt Podgajny, LL.M. Hurstweg 6 B D-79114 Freiburg Tel.: +49 (0)761 / 51 91 484 Fax: +49 (0)761 / 51 91 485